Effizientes Carsharing in ländlicher Region

Ein Prototyp der Online-Plattform "DriveTime"
Ein Prototyp der Online-Plattform "DriveTime"

Der stetig zunehmende Verkehr und die damit verbundene ökologische Belastung für Mensch und Natur ist schon seit geraumer Zeit ein Problem. Oftmals wird vor allem gegen den motorisierten Individualverkehr Kritik ausgeübt (Schwedes, 2014).

Die Schweiz hat sich bis ins Jahr 2050 vorgenommen, klimaneutral zu werden, sowie möglichst unabhängig von fossilen Brennstoffen und Kernenergie zu werden. Dabei spielt der Verkehr in der Schweiz ein grosse Rolle; er macht ungefähr einen Drittel des schweizerischen Energieverbrauchs aus (Smart Media Agency, 2022). Davon waren 2015 wiederum rund 66 % auf den motorisierten Individualverkehr zurückzuführen. Ungefähr 78 % der Haushalte in der Schweiz besitzen ein oder mehr als ein Auto (Bundesamt für Statistik, 2015).

Grosse Wirkung in Richtung Klimaneutralität bis 2050 würde deshalb haben, die Anzahl an Fahrzeugen pro Haushalt zu minimieren und stattdessen Carsharing-Angebote zu fördern. Denn nicht nur der Betrieb, sondern auch der Unterhalt und die Produktion von Autos, die in Haushalten oftmals tagelang ungebraucht herumstehen, verbrauchen mehr graue Energie als gedacht. Stattdessen müsste der Verkehrsakteur und dessen Mobilität durch eine Veränderung im Verkehrssystem – durch MaaS (Mobility as a Service) – anderweitig in den Fokus geraten (Future Mobility Finland, o. J.). Durch die Nutzung von Carsharing-Angeboten wird ein Auto bewusster benutzt, im Gegensatz dazu, wenn es sowieso zuhause in der Garage steht. So sollen für eine nachhaltige Zukunft einerseits Angebote geschaffen werden, den öffentlichen Verkehr auszubauen und zu verbessern, damit der Anteil des Individualverkehrs verkleinert werden kann. Andererseits sollen jedoch auch Angebote geschaffen werden, die den Individualverkehr nachhaltiger gestalten und auf ein Minimum reduzieren, sowie diese aber auch für Verkehrsteilnehmer Sinn machen sollen. Das bedeutet konkret, ein Angebot zu schaffen, dass durch den Individualverkehrsteilnehmer ernst genommen werden kann und seine Verhaltensweise auf eine für ihn rentable Art und Weise, den Verkehr nachhaltiger werden lässt – durch bewussteres Nutzen des Individualverkehrs.

In sehr vielen Randregionen und Dörfern gibt es Autowerkstätte und Autogaragen. In diesen Regionen ist man oftmals auf ein Auto angewiesen, da der öffentliche Verkehr nicht immer das passende oder gewünschte Angebot liefert – oder liefern kann. Demzufolge besitzen auf dem Land, Haushalte auch oftmals mehr als ein Auto. Für Carsharing-Anbieter wie Mobility oder Europcar wiederum, sind ländliche Regionen zu wenig attraktiv, um Mietautos vor Ort anzubieten – dies bestätigen die beiden Anbieter auf Anfrage.

Was fehlt, ist ein Geschäftsmodell insbesondere einer Online-Plattform, auf der Autowerkstätte und Autogaragen Autos zur Vermietung anbieten könnten,

so auch Lorenz Bielmann, Geschäftsführer einer lokalen Honda-Garage. Oftmals haben solche Unternehmen einige Autos zur Verfügung, die teilweise nutzlos herumstehen. Zudem haben Autowerkstätte und Autogaragen in Dörfern oftmals eine sehr zentrale Lage und sind gut zu Fuss erreichbar – was unteranderem durch eine Umfrage bestätigt wurde. Durch eine angemessene Online-Plattform und einem Geschäftsmodell könnte in diesen Regionen durch lokale Autowerkstätte und Autogaragen also ein Angebot geschaffen werden, Autos schnell und einfach zu mieten; wenn es eine schweizweite Plattform und ein Geschäftsmodell dafür gäbe. Ein gutes Mietautoangebot wiederum, könnte Leute in solchen Regionen dazu bringen, auf ein eigenes oder weiteres Auto im Haushalt zu verzichten, und stattdessen den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Da im Falle der Notwendigkeit eines Autos auf das Mietautoangebot zurückgegriffen werden kann und diese Variante je nach dem finanziell auch mehr Sinn machen kann, als ein Auto zu besitzen bzw. zu unterhalten.


Ziel/Aufgaben

Es wurde sich im Rahmen dieser Business Case Study also das Ziel gesetzt, eine Online-Plattform für die angesprochene Autovermietung zu entwerfen. In Zusammenarbeit mit der PostAuto AG als Themensponsor, dessen Tochterunternehmung Post Company Cars AG sowie lokalen Autowerkstätten, soll dem Nutzer von «DriveTime» (der Online-Plattform) ein schweizweites Mietautoangebot geliefert werden.

Entwurf eines Logos der Online-Plattform "DriveTime" im Post-Design

Dies soll dazu beisteuern, das Mobilitätsangebot in ländlichen Regionen zu verbessern. Weshalb das Angebot neuerlich auch für Gemeinden ansprechend sein kann, da durch ein verbessertes Mobilitätsangebot auch die Wohnattraktivität eines Standorts erhöht wird. Die Plattform insbesondere das Mietautoangebot soll für Haushalte in ländlichen Regionen ein Angebot darstellen, das bspw. als Alternative zu einem zweiten Auto angesehen wird. Dies wiederum erfordert grosse Akzeptanz, welche nur durch ein stetiges und für den Nutzer greifbares Angebot entsteht.

Die Benutzerfreundlichkeit der Online-Plattform und dem Geschäftsmodell steht deshalb einerseits sehr grossgeschrieben. Andererseits muss aber vor allem auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Autogaragen funktionieren, um ein attraktives Angebot zu generieren.

Es muss dabei klar positioniert werden, dass das Angebot in erster Linie in ländlichen Regionen, wo Anbieter wie Mobility oder Europcar kaum tätig sind, angeboten werden soll. Damit können die Angebotslücken des Mobilitätsangebots, welche in solchen Regionen teilweise herrschen, durch die Plattform gedeckt werden – ohne das zusätzliche Autos und Infrastruktur angeschafft werden müssen und dabei teilweise auf private Autos verzichtet werden könnte.

Durch obsolete Autos der Post Company Cars AG sollen Autogaragen, in Dörfern mit grosser Mietautonachfrage, nach Belieben unterstützt werden, um der etwaigen volatilen Nachfrage der Plattform gerecht zu werden.


Methoden

Um die zuvor beschriebene Problemstellung anzugehen, erfolgte in einem ersten Schritt eine quantitative Umfrage, um die Existenz des vorhandenen Problems nachzuweisen. Des Weiteren wurde der Geschäftsführer einer Honda-Garage in einer ländlicheren Region auf den Bedarf und die Ansprüche an solch eine Online-Plattform interviewt. Es wurden im Rahmen der Umfrage auch vielzählige Gespräche mit Leuten aus ländlicher Region geführt – unter anderem auch mit einem ehemaligen Gemeinderat. Neben der Durchführung der Umfrage und des Interviews, wurde aber auch der aktuelle Mietautomarkt untersucht, sowie ähnliche Projekte im In- und Ausland geprüft wurden. Zusätzlich kontaktierten wir Carsharing-Anbieter, um die Gründe herauszufinden, weshalb diese die Autovermietung auf ländlicheren Gebieten nicht oder nur teilweise anbieten. Die Umfrage wurde mithilfe der sozialen Medien und privaten Kontakten während des Zeitraums vom 13. bis zum 30. November 2022 an möglichst viele potenzielle Nutzer geteilt. Dabei wurde die Umfrage von insgesamt 120 Personen ausgefüllt. Da einige Befragte jedoch noch nicht volljährig waren und dementsprechend unser Angebot nicht nutzen dürften, konnten nur 115 Ergebnisse in die Analyse einbezogen und ausgewertet werden. Die Erstellung der Umfrage sowie die Auswertung der Daten erfolgte mittels Google Forms.

Das Projekt war in drei Sprints und eine Finale Phase gegliedert; was bedeutet, dass stets agil gearbeitet wurde. Anhand eines Trello-Scrum-Boards wurden Meilensteine erarbeitet, die die Gruppe in Richtung Projektziel – das Pitching-Event – weiterkommen liessen. Diese Meilensteine bzw. Produktinkremente halfen der Gruppe auch, einen Final Report zu gestalten, um damit einen gewissen Fahrplan und Orientationspunkte zu schaffen, sollte der Themensponsor von dem Projekt überzeugt sein.


Ergebnisse

Um das Interesse an einem Mietauto-Geschäftsmodell, das durch eine Online-Plattform umgesetzt werden soll, in ländlichen Regionen zu ermitteln, wurde wie bereits erwähnt, eine quantitative Umfrage durchgeführt. Mithilfe der Häufigkeitsverteilung wurde ausgewertet, wie viele der befragten Personen sich vorstellen könnten, das Angebot zu nutzen. Die Erhebung wurde anhand einer Stichprobe von 120 Teilnehmenden durchgeführt. Es konnte also die bisherige Annahme, dass ein solches Angebot Nutzen finden würde und auf Interesse stösst, mit fast 70 % positiven Stimmen aller Befragten, bestätigt werden. Auch wurde durch die Umfrage verdeutlicht, dass Autowerkstätte sehr zentrale Lagen haben, bzw. gut zu Fuss oder mit dem Fahrrad erreicht werden können, da rund 85 % der Befragten positiv auf diese Frage antworteten.

Auch könnten sich, unter anderem in der Annahme, hätten sie ein Auto sowie die Online-Plattform ein für sie beständiges und preiswertes Angebot liefert, mehr als die Hälfte der Befragten vorstellen, auf ein eigenes Auto zu verzichten.

Des Weiteren wurde die Online-Plattform im Rahmen dieser Arbeit durch ein Mockup-Entwurf simuliert (siehe Bildergalerie diesem Absatz folgend). Das Mockup hat fünf ausgearbeitete Features, welche durch die Applikation «Framer» prototyp-mässig dargestellt wurden. Zur Auswahl der finalen Features wurde sich darauf fokussiert, dass die Plattform möglichst einfach zu bedienen ist. Um das Ziel der Plattform, das Anbieten von obsoleten Fahrzeugen zu erfüllen, wurde der Schwerpunkt auf die Startseite sowie auf die verfügbaren Autos gelegt. Deswegen kann direkt schon auf der Startseite der App, Ort und Zeit, wann das Fahrzeug benötigt wird, angeben werden. Sobald dies angegeben ist, kann unter einer Selektion von Fahrzeugen aus der Nähe ausgewählt werden, welches Fahrzeug in die entsprechende Preisklasse fällt bzw. welches Fahrzeug man für die gewünschte Fahrt bevorzugt. Zu den Selektionskriterien soll unteranderem auch gehören, wie die Autowerkstätte oder Autogarage von dem angegebenen Standort erreicht werden kann. So sollen anhand einer Schnittstelle wie bspw. Google Maps Vorschläge gemacht werden, z.B. welche Buslinie einen zu gewünschtem Standort führt, oder wie weit die Autowerkstätte oder Autogarage zu Fuss entfernt ist.

Mockup-Entwurf der Online-Plattform "DriveTime"

Die Plattform soll auf den Grundwerten der Schweizerischen Post aufbauen; «vertrauenswürdig», «engagiert» und «kundenzentriert (Die Schweizerische Post AG, 2022). Deshalb bietet das Mockup auch die Dienste wie «Support», um allfällige Probleme möglichst effizient zu lösen, «Wie’s funktionierts», damit der Nutzer eine schnelle Anleitung hat, wie er die Plattform gebrauchen soll, und «Anbieter werden», in dem beschrieben wird, wie man als Autowerkstatt oder Autogarage Fahrzeuge anbieten kann. Dies auch, um die in der Zielsetzung angesprochene Akzeptanz bei der schweizerischen Bevölkerung zu erreichen.

Um die im Rahmen dieser Arbeit ausgearbeitete Idee besser an den Mann zu kriegen, sowie diese vielleicht auch besser zu verstehen, wurde ein typischer Customer Journey verfilmt und in einem Video dargestellt (siehe YouTube-Video diesem Absatz folgend).


Tags

#Mobility #PostAuto #Carsharing #MaaS #OnDemand


Gruppenmitglieder

  • Bielmann, Tobias (BWI)
  • Nebihi, Viollca (BWI)
  • Oberholzer, Gregor (BBA)
  • Rüegsegger, Victor (BBA)
  • Sarveswaran, Bardusha (BBA)

Literaturverzeichnis

Bundesamt für Statistik. (2015). Verkehrsverhalten der Bevölkerung. ‌‌https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/personenverkehr/verkehrsverhalten.html

Die Schweizerische Post AG. (2022). Unsere Werte. ‌‌https://www.post.ch/de/ueber-uns/portraet/strategie/unsere-werte

Future Mobility Finland. (o. J.). Mobility as a service. ‌‌https://futuremobilityfinland.fi/vision/mobility-as-a-service/

Schwedes, O. (2014). Öffentliche Mobilität: Perspektiven für eine nachhaltige  Verkehrsentwicklung. Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03302-6

Smart Media Agency. (2022, Juni 16). Der ÖV von morgen ist digital, flexibel und verbrauchsarm. https://fokus.swiss/gesellschaft/nachhaltigkeit/mobilitaet-in-der-schweiz/